Frag Ingeborg

Die erste und schlimmste dieser Fragen, die den Schriftsteller zu bewegen hat, betrifft die Rechtfertigung seiner Existenz.

Warum schreiben? Wozu?

Und wozu, seit kein Auftrag mehr da ist von oben und überhaupt kein Auftrag mehr kommt, keiner mehr täuscht. Woraufhin schreiben, für wen sich ausdrücken und was ausdrücken vor den Menschen, in dieser Welt?

Und ist der Auftrag, wenn er ihn sich selbst zu geben traut (und er kann ihn sich heute nur selbst geben!), nicht beliebig, befangen? Ist nicht all sein Tun Hybris, und muss er sich nicht verdächtigen immerzu, jedes seiner Worte, jede seiner Zielsetzungen?

Ingeborg Bachmann, Frankfurter Vorlesungen