Frauen? Literatur

Mein erster Roman war keinen Frauenliteratur.

Woher ich das weiß? Mein Held war ein Mann, die Geschichte spielte in einem Großkonzern und das Thema war die moderne Bullshit-Arbeitswelt. Ironie gab’s auch und Lakonie. Gefühle waren Mangelware, abgesehen von Neid und Scham und Wut und Größenwahn (ist kein Gefühl, ok) – das männliche Zeug halt. Dass es von einer Frau geschrieben wurde, hat man fast nicht gemerkt. Nur an einer Stelle, so sagte mir ein Schriftstellerkollege: da versteckt sich Harald auf dem Klo vor seinem Chef, der draußen steht und pinkelt, und Harald stellt sich vor, wie das aussieht. Leider hatte die Autorin dabei durch eine erklärliche, aber nicht statthafte Wahrnehmungsverengung ihren kleinen Sohn vor Augen, der im Wald steht. So pinkeln Männer nicht, sagte der Kollege, mit runtergelassener Hose.

Das Liebes-Dings – sie kriegen sich, sie kriegen sich nicht – kam in meinem Roman nur in Spurenelementen vor. Die waren so winzig, dass sich besagter Kollege auch noch zu der Bemerkung hinreißen ließ, da wäre doch noch mehr gegangen, ich hätte wohl nicht genug geliebt in meinem Leben … Aha.

Mein erster Roman wurde mit Romanen von Männern verglichen, Reinald Goetz, Ernst-Wilhelm Händler, Martin Suter.

So weit mir bekannt ist, haben Frauen und Männer das Buch gelesen. Ich kenne sogar ein paar davon. Und an den Büchertischen standen auch Männlein und Weiblein einträchtig hintereinander in der Schlange.

Und jetzt?

Jetzt kommt das zweite Buch. Diese Woche war Vertreterkonferenz beim Verlag. Von einer Frau geschrieben? Ja. Handelt von einer Frau? Ja. Kommt Liebe drin vor? Ja. Würden Frauen das lesen? Klar. Und Männer? Hm. Warum nicht? Hm. Und dann fällt es, das böse Wort von der „Frauenliteratur“.

Gar nicht böse, ist doch super, argumentiert der Vertrieb. Spezifische Zielgruppe, Frauen, die größte Leserschaft überhaupt! Liebe Mitfrauen, einmal mitfreuen, this one goes out to you … Keine Angst, es ist „intelligente“ Frauenliteratur. Muss man das dazusagen? Was sagt denn das über die Schriftstellerinnen und die Leserinnen aus?

Wie nennt man eigentlich Bücher, die von Frauen und Liebe handeln und von Männern geschrieben werden?